von aaaRed
3. Februar 2025
Die Autorité de sûreté nucléaire (ASN), die französische Atomaufsicht warnt vor einem Risiko von Feuer und Explosionen unter Tage, das in dem geplanten Endlager für Atommüll in Bure besteht. Wasserstoff könne, so die ASN, infolge von Radiolyse oder von chemischen Reaktionen zwischen dem radioaktiven Müll und metallischen oder organischen Stoffen der Container entstehen. In den vorliegenden Unterlagen der Antragstellerin sei nicht ausreichend dargestellt, wie den daraus resultierenden Gefahren zu begegnen sei.
Im Genehmigungsverfahren für ein geplantes Atommüllendlager im lothringischen Bure hat die französische Atomaufsicht im Januar eine vorläufige Bewertung der Antragsunterlagen veröffentlicht. Darin signalisiert sie einerseits die generelle Zustimmung zu dem Projekt; andererseits weist sie auf ein relevantes Defizit hin und bezeichnet die Ausführungen zur Gefahr von Feuer und Explosionen als nicht hinreichend. Wie zwei gutachterliche Stellungnahmen zeigten, resultiere aus der Tatsache, dass es in den Stollen zu einer explosiven Wasserstoffkonzentration kommen kann, ein nicht zu vernachlässigendes Risiko. Auf diese Gefahr wurde bereits seit 2012 von dem unabhängigen Wissenschaftler Bernard Thuillier aufmerksam gemacht. Die französische Atomaufsicht ASN folgt einem Expertengremium und fordert nun von der Betreiberin ANDRA, darzulegen, wie sie bei ihrer Endlagerplanung diesen Gefahren entgegentreten wird.
Wie wenig in den zurückliegenden Jahren solche Bedenken und Risiken vom Betreiber ernstgenommen wurden, zeigt das bisherige Festhalten der ANDRA an diesem Projekt. Denn der Hinweis auf die Gefahr von Feuer und Explosionen ist keineswegs neu. Bereits 2013 hat Bernard Thuillier in seinem Beitrag zur „Öffentlichen Debatte“ detailliert auf die Brand- und Explosionsgefahr hingewiesen. Würde die ANDRA diese Gefahren anerkennen, und würde sie vor allem die Erkenntnis akzeptieren, dass in dem geplanten Projekt ein systematischer Widerspruch nicht aufgelöst werden kann, dann würde dies das Ende des Endlagerprojekts bedeuten.
Seit Erscheinen des ANDRA-Berichts „Argile 2005“ setzt sich der Biologe Bertrand Thuillier intensiv mit den Gefahren von Cigéo auseinander. In Vorträgen und auf Konferenzen klärt er Bürger*innen über die Gefahren auf. Nach seiner Auffassung birgt die Einlagerung von Atommüll in tiefen geologischen Formationen grundsätzlich enorme Gefahren. Einen besonderen Fokus legt er auf die Betrachtung des Explosions- und Brandrisikos. Zugespitzt bezeichnet er Cigéo als eine Hydrogenfabrik.
Bei allen Aktivitäten unter der Erde spielt Wasser eine große Rolle. Intensiv ist im Bergbau darauf zu achten, wie gut die Bergwerke gegen Wassereinbruch geschützt sind und wie Wasserzutritte bewältigt werden können. An der Asse zum Beispiel ist das ein großes Thema. Darüber hinaus geht es bei der Suche nach Atommüll-Endlagern grundsätzlich um die Frage, wie rasch Wasser die Radionuklide weiträumig verbreitet. Auf die hydrogeologischen Zusammenhänge des Pariser Beckens, in dem das Cigéo-Projekt liegt, und die Bedrohung durch eine flächige Kontamination des Grundwassers ist von verschiedenen Fachleuten hingewiesen worden. Bertrand Thuillier konzentriert sich auf einen weiteren Aspekt: Tongestein ist nie homogen. Als Sediment ist es immer eine Mischung unterschiedlicher Mineralien. Und es enthält – mal mehr, mal weniger – (Rest-)Feuchte.
Welche Beschaffenheit das Gestein hat, das die Bergleute bei ihrer Arbeit jeweils antreffen, hängt von diesen Komponenten ab: das Mineral und die Feuchte bestimmen, wie fest, wie hart und wie brüchig es ist. Oder mit anderen Worten: wie stabil. Das ist keine nebensächliche Frage, denn es sollen – mit einer Gesamtlänge von 300 Kilometern – jeweils 400 Meter lange runde Gänge mit einem Durchmesser von 1,70 Metern gebohrt werden, die keine stützende Verschalung bekommen. Die sollen dann bei der Einlagerung mit den heißen und strahlenden Behältern druckaufnehmend ausgestopft werden. Dabei stellt der Wärmelasteintrag ein großes Problem dar. Das im Stein vorhandene Wasser rings um die Röhre wird über den Siedepunkt hinaus erhitzt. Es verdampft und dehnt sich massiv aus. Das verändert die seit Jahrmillionen eingepegelten Druckverhältnisse und lässt Risse und Klüfte entstehen.
Auf diese schwierige Lage kommt nun noch die Einwirkung der ionisierenden Strahlung auf das wasserhaltige Gestein obendrauf. Unter dem permanenten Beschuss von Neutronen zerlegen sich die Wassermoleküle in ihre Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff; es entsteht das hochexplosive Knallgas. Andere nicht minder gefährliche Gase entwickeln sich: die MAW-Abfallgebinde enthalten eine unüberschaubare Vielfalt an organischen und anorganischen Stoffen, die miteinander in Reaktion treten. Blähfässer, wie sie im Zwischenlager Gorleben zu beobachten waren, liefern einen anschaulichen Hinweis darauf. Hinzu kommen Geräte und Batterien, die installiert werden; sie emittieren ebenfalls Gase. Auch wenn dies anfänglich keine großen Mengen sind, kommt es zu hochgefährlichen Konzentrationen, wenn sie sich unaufhaltsam aufsummieren. Dadurch wächst die Gefahr von Explosionen. Wenn nicht für einen unentwegten Luftzug gesorgt wird, genügt der geringste Funke. Bure wäre nicht das erste Bergwerk, das wegen „Schlagwetter“ zusammenbricht.
Nicht nur, damit die Arbeitenden unter Tage nicht ersticken, sondern auch, um der Explosionsgefahr vorbeugend etwas entgegen zu setzen, muss das Bergwerk also „bewettert“ werden. Notwendig ist ein beständiger Luftzug, der nicht unterbrochen werden darf. Allerdings steht diese Anforderung jedweden vorbeugenden Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Bränden diametral gegenüber.
Insbesondere bei den Gebinden mit nicht-wärmeentwickelnden Atommüll ist die Wechselwirkung zwischen den korrodierenden Metallen und der Vielzahl der aufeinandertreffenden Abfallstoffe nicht voraussehbar. Im ANDRA-Konzept vorgesehen war, diesen Müll unter Einsatz von großen Mengen an Bitumen für die Einlagerung vorzubereiten. Immerhin konnte im Laufe des Verfahrens erreicht werden, dass die ASN der ANDRA zur Auflage gemacht hat, für Alternativen zu derart brandbeschleunigenden Verpackungen zu sorgen.
Nichtsdestotrotz ist das Risiko sehr hoch. Ein Bergwerk ist kein Kurpark. Unentwegt herrscht ein reger Verkehr der Belegschaft; Gerätschaft wird hin- und her gefahren, installiert und wieder demontiert; es wird gebohrt, gemeiselt, gesprengt, Haufwerk aufgeladen, transportiert und abgekippt. Das alles über einen Zeitraum von hundert Jahren. Es wäre ein reines Wunder, wenn es in diesem Gewusel nicht auch vorkäme, dass Unfälle geschehen und ein Brand ausbricht – Feuer, das nur durch konsequentes Abschotten zu ersticken wäre. Die Flächenbrände, die zur Zeit große Teile Kaliforniens verwüsten, liefern ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie schier unmöglich es ist, Feuer einzudämmen, wenn permanenter Luftzug für eine nicht aufzuhaltende Ausbreitung sorgt. Welchem Risiko will die ANDRA nun vorbeugend begegnen: der Explosions- oder der Brandgefahr? Beides zusammen geht nicht. Die notwendigen präventiven Maßnahmen schließen einander aus.
Schon zuvor hatte es immer wieder Kritik an dem Endlageprojekt CIGEO gegeben.
Auch das französische Institut für Strahlenschutz (IRSN) hat bereits 2014 auf mögliche Lücken im Sicherheitskonzept hingewiesen. Insbesondere was die Bohrungen der Schächte angehe, gebe es noch offene Fragen. So seien die möglichen Folgen für das Wirtsgestein – wie etwa unterirdische Verwerfungen – noch nicht ausreichend erkundet. Zugleich müsse der Schaden am Wirtsgestein so gering wie möglich gehalten werden, weil das Gelände nach der Einlagerung des Atommülls versiegelt werden soll. Vor dem Start der Bohrungen müsse außerdem die Materialfrage der Atommüll-Behälter genau geklärt werden, so das Institut IRSN in einer Stellungnahme. Es bleiben viele offene Fragen.
Quelle:
/www.sr.de/sr/ 20.1.25 und 4.11.24
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