[Caen] Autonome Prozession in der Anti-Atom-Demonstration


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Veröffentlicht auf nantes.indymedia am 29.02.24

Dank der Energiekrise und der nuklearen Bedrohung durch Russland hat die Nuklearindustrie frischen Wind in den Segeln. Der nuklearistische Staat hat die Konstruktion von 14 neue EPR2 (eine neue Generation von Kernkraftwerken) in Penly, Bugey und Gravelines angekündigt, während er massiv in die Forschung, Neuanstellung und Weiterbildung von Personal, sowie in die Aufrüstung investiert, den Bau der Atommülldeponie in Bure durch Enteignungen beschleunigt und ein neues Lagerbecken für abgebrannte Kernbrennstoffe in La Hague baut.

Wir leben nicht mehr in den heroischen Zeiten der Atomindustrie, in denen damals das französische Nuklearprogramm begründet wurde, sondern in einer Zeit, in der diese Industrie wiederbelebt werden soll, indem sie durch die Nuklear-Propaganda als das kleinere Übel dargestellt wird. Wie es die Ironie will, werden wir diesmal unter einem grünen Deckmantel auffordert, aufgrund ökologischer Gesichtspunkte unseren Widerstand aufzugeben. Katastrophen und Desaster werden nicht mehr geleugnet, sondern als fester Bestandteil unserer Existenz verkauft. In dieser Zeit der Krisen werden wir aufgefordert, das kleinere Übel zu akzeptieren und dafür im Falle eines „Unfalls“ oder der „Kontamination“ unser Leben einzuschränken.

Angesichts dieser Großoffensive durch die Nukleokraten, die sich jetzt als Verteidiger der Ökologie ausgeben, organisiert sich hier und da Widerstand. Ein neues Bündnis zur antinuklearen Koordination, im Wesentlichen bestehend aus Organisationen und Einzelpersonen, ruft zu regionalen Demonstrationen auf, von denen eine am 23. März in Caen stattfinden wird. In Bure versuchen Mitstreiter*innen gegen die drohende Enteignungskampagne Widerstand zu leisten. In Cotentin organisiert sich ein Kollektiv gegen das neue Lagerbecken in La Hague. In Caen, wie auch in Lille, Rennes, Toulouse, Narbonne, Charleville-Mézières, Montabot, Grenoble, Clermont-Ferrand, finden Diskussionen, Filmvorführungen und Treffen statt. Überall, bei Mondschein, werden Hochspannungsleitungen oder elektrische Ladestationen sabotiert.

Wir können uns nicht damit abfinden, auf dieser Welt unter den nuklearen Einschränkungen und Bedrohungen zu leben, und auch nicht damit, den Wiederbelebungsplänen für die Atomindustrie ohne Widerstand zu begegnen. Wir können uns auch nicht damit abfinden, unseren Widerstand mit den Kartellen von Umweltorganisationen und Parteien zu organisieren, die seit Jahrzehnten das Bestehende mitverwalten. Nur weil die Anti-Atom-Bewegung derzeit schwach ist, heißt das nicht, dass wir vergessen haben, wie staatlicher Umweltschutz, politische Spielchen und Formen der Zusammenarbeit selbst zur Entwaffnung der Anti-Atom-Bewegung beigetragen haben. Für uns geht es nicht darum, „die Anti-Atomkraft-Bewegung zu vereinen“ – diese Bewegung war immer nur in den Köpfen einiger weniger Führungsbegeisterter vereint, aber eigentlich wie jede Bewegung von Widersprüchen und Konflikt durchzogen –, sondern darum, eine Opposition gegen die Atomkraft ins Leben zu rufen, die sich wieder mit einer Kritik in Aktion und Worten an der Gesellschaft, in der die Kernenergie eingesetzt wird, und der Welt, an deren Herstellung sie beteiligt ist, verbindet.

Aus diesen Gründen erscheint es uns wichtig, Perspektiven aufzuzeigen:

In Bure werden die Arbeiten für die Deponie radioaktiver Abfälle beschleunigt. Der Widerstandskampf wird in eine neue Phase eintreten, insbesondere da die Arbeiten an einer Eisenbahnlinie für den Transport des besagten Mülls begonnen haben und die Räumung eines Widerstandshauses im alten Bahnhof von Luméville bevorsteht. Wie schon im Cotentin kolonisiert die Atomindustrie ein entvölkertes Land und seine Zukunft, kauft seine Bewohner*innen auf, überwacht und bestraft seine Gegner*innen. Vom 17. bis 23. April findet eine anti-nukleare und anti-autoritäre Diskussionswoche statt.

Im Cotentin wird erwartet, dass der Reaktor in Flamanville bald endgültig in Betrieb genommen wird, und dabei haben uns die Nuklearisten auch ein neues kleines Geschenk vorbereitet: ein komplett neues Abklingbecken, um gebrauchte Brennstäbe aus den nuklearen Zentren zwischenzulagern. Es gibt davon dort schon vier Stück, die 40 t Atommüll pro Jahr aufnehmen können. Da die schon überquellen, soll es noch ein fünftes geben. Anwohnende und Atom-Gegner*innen wehren sich seit einigen Monaten gegen dieses Projekt. Im Juni 2022 fand unter großem Polizeiaufgebot eine Demonstration in Cherbourg statt, die 800 Menschen zusammenbrachte. Ein weiterer Umzug wird im kommenden April stattfinden.

Vor Ort sind wir dabei, einen autonomen Demonstrationszug  „gegen die Atomkraft und ihre Welt“ innerhalb der Demonstration am 23. März zu organisieren, um eine andere Stimme als die der Regierungs-Ökologie einzubringen. Aber wir sollten uns nichts vormachen: diese Demonstration ist nur ein Teil des Weges. In diesem Sinne werden wir am Vortag (Freitag, 22. März) eine Vorführung / Debatte rund um den Film Le sacrifice (2003) organisieren, dann am 23. März, nach der Demonstration, eine Anti-Atomkraft-Versammlung: um wieder auf die Beine zu kommen und Verbindungen zu knüpfen, um gemeinsam unsere Überlegungen und unseren Wunsch nach Handeln zu bündeln.

Um die betroffenen Orte herum können wir uns nur auf unsere eigene Weise an den aufkeimenden Kämpfen beteiligen, indem wir sie ermutigen, sich von allen bürgerlichen Illusionen zu befreien: Zur Atomkraft gibt es zunächst zwar noch Verhandlungen, danach aber kommen die Bullen. Wie in der Region Cotentin könnte der breite Pro-Atom-Konsens, der mit Millionen gekauft wurde, und die Infrastruktur rund um die Kraftwerksprojekte, aber auch um die möglichen neuen Trassen der notwendigen Hochspannungsleitungen herum, Mikrorisse bekommen.

Überall gilt: Wir können die Bildung von selbstorganisierte Gruppen nur ermutigen, und uns daran erfreuen, mit autonomen Initiativen von Kollektiven oder Individuen den Widerstand voranzutreiben, und so eine Unterstützung Richtung Bure zu organisieren.

Die kommenden Diskussionsgelegenheiten werden es ermöglichen, neue Verbindungen zwischen uns allen zu knüpfen, ohne sich dabei hinter irgendwelchen militanten Befehlshabenden zu scharen.

Freitag, 22. März: Filmvorführung Le sacrifice (2003, 24 Minuten)

Local Apache, 35 boulevard Poincaré, Caen, um 18:30 Uhr Gefolgt von einem Plausch und einem Mitbring-Buffet, denkt daran, auch selbst etwas mitzubringen 😉

Samstag, 23. März: Autonome Prozession „gegen die Atomkraft und ihre Welt“ bei der Anti-Atomkraft-Demonstration

14 Uhr, Treffen vor der französischen Behörde für nukleare Sicherheit (ASN), Boulevard Vannier, Caen. Dann, gegen 17.30 Uhr, im besetzten „Haus des Kinderzimmers“ (138 rue d’Auge): Anti-Atom-Versammlung

Samstag und Sonntag, 13.-14. April: Themenwochenende zur Verweigerung der Demokratie.

Konferenzen – Tagungen – Konzerte – Karneval am Sonntag (Cherbourg/Beaumont-Hague)

Vom 17. bis 23. April finden im Frühjahr antiautoritäre Versammlungen gegen Atomkraft statt. Bure und Umgebung. Mehr über bureburebure.info

 

29/02/2024