Vor 4 Jahren, im Januar 2017, wurde das Heft „Pour une fois j’ai dit NON“ (Ich habe NEIN gesagt) auf infokiosques.net veröffentlicht.
„In diesem Heft geht es um Vergewaltigung. Nicht um eine Vergewaltigung in einer dunklen Gasse, spät in der Nacht, ausgeübt von einem gewalttätigen und irren Unbekannten. Nein, es geht um eine Vergewaltigung, die von einem „Mitstreiter“ an einem Ort des gemeinsamen Kampfes begangen wurde.“
Dieser Ort, das versteht man schnell, ist Bure.
Nach seiner Veröffentlichung druckten und verteilten mehrere Menschen diesen Text im Haus des Widerstands in Bure und schlugen vor, sich zu treffen, sobald alle ihn gelesen haben würden, um gemeinsam darüber zu diskutieren.
Im Verlauf dieser Diskussion wurde die politische Entscheidung getroffen, den Aggressor aus den kollektiven Räumen von Bure rauszuwerfen, um der angegriffenen Person zu ermöglichen, dort weiterhin aktiv zu sein, ohne seine Anwesenheit ertragen zu müssen [1].
Das Ziel war auch die klare und politische Aussage, dass sexuelle Aggression keinen Platz haben darf, weder in Kämpfen noch anderswo.
Da er ein sehr aktiver Mitstreiter war, zeitweise auch Sprecher der Bewegung und in vielen Arbeitsgruppen und Treffen anwesend, wurden ihm alle Mandate entzogen und es wurde ihm verboten, im Namen der Bewegung zu sprechen oder sie in irgendeiner Weise zu repräsentieren.
Danach wurde das Heft in Papierform in den kollektiven Räumen ausgelegt und auch auf der Website der Bewegung, vmc.camp, veröffentlicht.
“ (…) Die Gewalt besteht darin, dass eine Vergewaltigung begangen wurde, die Gewalt besteht darin, dass in einer vermeintlich sicheren Umgebung, die vorgibt, antisexistisch zu sein, von Mitstreitern Vergewaltigungen und Übergriffe begangen werden. (…) “
Wenn man das Fanzine der Anti-Atom-Woche vom Oktober 2020 [2] liest, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass trotz #metoo, trotz der feministischen Bündnisse und trotz der reichhaltigen feministischen Literatur, die seit Jahren in militanten Räumen zur Verfügung steht, einige Menschen immer noch nicht verstanden haben, was so einfache und grundlegende Begriffe wie Zustimmung [3] bedeuten. Wahrscheinlich dieselben Leute, die Feminismus immer noch als einen sekundären Kampf betrachten…
„Es betrifft dich immer. Es betrifft uns immer noch.“
Une Bella
das Heft „Pour une fois j’ai dit NON„ (auf Französisch)
„Ursprünglich wollte ich vor allem einen Erfahrungsbericht schreiben, weil das Lesen der Berichte anderer mir geholfen hat, weiterzukommen. Es war wichtig zu lesen, dass nicht nur ich das erlebt und vor allem gefühlt habe, es tat gut, die Worte anderer zu lesen, damit ich meine eigenen finden konnte.
Auch um Zeugnis abzulegen von einer Situation, die leider kein Einzelfall ist. Denn zu viele Geschichten sind ähnlich wie meine, aber sie verblassen oft in der Erinnerung und bleiben nur „individuelle“ Geschichten. Deshalb war es mir wichtig, dies auszusprechen, in der Hoffnung, dass es anderen Menschen hilft, sich nicht allein zu fühlen, die Kraft zu finden, zu reagieren (im weitesten Sinne fängt es schon damit an, sich nicht selbst die Schuld zu geben und zu versuchen, darüber zu sprechen). Ich hielt es auch für wichtig, einige theoretische Bezüge herzustellen, die helfen, bestimmte Mechanismen zu verstehen und vielleicht den Überlebenden einen Weg nach vorne und den ihnen Nahestehenden Möglichkeiten der Unterstützung aufzuzeigen.
Als ich dann schließlich meine Beziehung zu diesem Mann, der mich vergewaltigt hat, beschrieb, darüber nachdachte und sprach, erkannte ich, wie viel mit meiner Erziehung zusammenhing, mit der Gesellschaft, in der ich aufgewachsen bin, mit der Durchdringung durch bestimmte Normen, kurz mit dem, was man „Vergewaltigungskultur“ nennt. Das sind nicht „nur“ einzelne Situationen, sondern sie sind Teil eines sexistischen gesellschaftlichen Kontextes, den ich neu definieren wollte.
Auf jeden Fall hoffe ich, dass es mir durch dieses Zeugnis und diese Überlegungen gelungen ist, ein wenig von dieser Kraft zu vermitteln, von dieser Überzeugung, dass wir noch nicht verloren sind, dass wir viele sind, dass wir nicht zum Schweigen gebracht werden können, dass wir nicht die Schuldigen sind und dass wir alle es verdienen, respektiert und geachtet zu werden. “
[1] In diesen Fällen kommt es fast immer zum Ausschluss, wobei sich allerdings die Frage stellt, wer ausgeschlossen wird. Die angegriffene Person wird im Allgemeinen nicht mehr dorthin gehen, wo sie dem Angreifer begegnen könnte. Wird der Angreifer nicht aus diesen Räumen ausgeschlossen (zu bestimmten Zeiten, auf Dauer…) oder wird bei der Verwaltung dieser Räume gar keine Rücksicht auf das Geschehene genommen, so wird indirekt entschieden, die angegriffene Person auszuschließen.
[2] https://bureburebure.info/semaine-antinucleaire-le-fanzine/ – Seite 6
3] Consent, 100 Questions about Sexual Interactions…, Zine von 2009.
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